Ergonomisch sitzen: Bürostuhl richtig einstellen

Eine ergonomische Sitzhaltung, die körpergerechte Arbeitsplatzgestaltung ist eine zentrale Voraussetzung für wirkungsvolle Rückenprävention im betrieblichen Alltag. Die Basis bildet ein ergonomischer Bürostuhl, der individuell auf Körpergröße, Gewicht und das Sitzverhalten des Nutzers eingestellt wird. Die richtige Haltung und Dynamik bei der Arbeit ist im wahrsten Sinne des Wortes Einstellungssache. Denn wenn Sie nicht ergonomisch sitzen, riskieren Sie langfristig Ihre Gesundheit.
Lesen Sie in meinen aktuellen Blockartikel über ergonomisch richtiges Sitzen im Büro und meine Ergo-Tipps aus der Praxis.
SCHRITT FÜR SCHRITT ZUR ERGONOMISCHEN SITZHALTUNG

#1: Ergonomischer Arbeitsplatz: Bürostuhl richtig einstellen

Ob ein Bürostuhl ergonomisch richtig eingestellt ist, überprüfen Profis immer in der Reihenfolge Stuhl,Tisch,Technik.
Nehmen Sie eine aufrechte und entspannte Sitzhaltung ein. Geben Sie Ihr Gewicht an den Stuhl ab – bleiben aber aufrecht. Beginnen Sie die Stuhleinstellung immer von unten nach oben, also von der Sohle bis zum Scheitel. Das beugt Fehleinstellungen vor.

1. SITZHÖHE

ZIEL: Aufrechte Sitzhaltung. Sie sitzen etwas höher als Ihre Knie. Ihre Oberschenkel bilden zum Knie hin eine abfallende Linie. Beide Füße haben einen guten Bodenkontakt und nehmen dadurch einen Teil Ihres Körpergewichtes auf. So erzielen Sie eine ergonomische Sitzhaltung!
Gut zu wissen: Der Winkel zwischen Rücken und Oberschenkel sollte größer als 90 Grad sein und wird als „offener Sitzwinkel“ bezeichnet. Dadurch erhält das Becken, der wichtigste Dreh- und Angelpunkt für die Aufrichtung, mehr Spielraum nach vorne und bietet Ihrer Wirbelsäule eine Basis für eine aufrechte Sitzhaltung.
Ergo-Tipp: Wenn Sie sehr groß sind und lange Beine haben, bedarf es einer höheren Gasfeder für eine optimale Sitzhöhe.

2. SITZTIEFE

ZIEL: Optimale Becken- und Beinunterstützung sowie Druckverteilung. In der Sitzposition ist das Gesäß so weit nach hinten geschoben, dass es die Rückenlehne erreicht. Sitzen Sie bewusst mit dem Becken bis zur Rückenlehne. Zwischen der Sitzvorderkante und dem Unterschenkel (in der Kniekehle) sollten 2-3 Finger Platz haben. Das sorgt für eine gute Druckverteilung, schafft Platz für wechselnde Beinbewegungen und fördert die Blutzirkulation in den Beinen.
Gut zu wissen: Die Oberschenkellänge bestimmt die Sitztiefe. Ein optimale Sitztiefeneinstellung gewährleistet eine optimale Becken- und Beinunterstützung. Ist die Sitztiefe für Ihre Oberschenkellänge zu groß sitzen Sie auf dem vorderen Drittel der Sitzfläche und verlieren dadurch den Kontakt zur Rückenlehne. In der Folge besteht die Gefahr in eine Rundrückenhaltung zu fallen. Ist die Sitztiefe zu kurz, konzentriert sich der durch Ihr Körpergewicht entstehende Druck auf eine kleinere Fläche, was den Sitzkomfort negativ beeinflusst.
Ergo-Tipp: Besonders kleine oder sehr große Nutzer brauchen manchmal Sonderlösungen, um ergonomisch sitzen zu können:
Wenn Sie sehr klein sind und / oder kurze Oberschenkel haben, empfehle ich einen Stuhl mit einer kleinen Sitzfläche oder einer verkürzten Sitzfläche (XS Version). Wenn Sie sehr lange Oberschenkel oder sehr groß sind, empfehle ich einen Stuhl mit einer großen Fläche oder einer Sitztiefenverstellung mittels Schiebesitz bis zu ca.10 cm (XL Version). Die angebotenen Lösungen sind je nach Hersteller unterschiedlich.

3. SITZNEIGUNG

ZIEL: Wirbelsäule, Becken und Brustkorb sind aufgerichtet. Sie unterstützen Ihre aufrechte und entspannte Haltung im unteren Rücken durch die Sitzneigung.
Gut zu wissen: Die Sitzneigung kippt ihr Becken nach vorne und erleichtert eine aufrechte Körperhaltung. Der derzeitige Stand der Forschung kommt zum Ergebnis, dass jede statische Sitzposition, die für einen längeren Zeitraum ohne Unterbrechung eingenommen wird, Schmerzen und Unbehagen auslösen kann. Im Umkehrschluss ist jede Sitzposition gesund solange sie nicht ständig eingenommen wird. Trotzdem ist es wichtig, dass von Zeit zu Zeit eine aufrechte Körperhaltung eingenommen wird. Wenn das immer wieder bewusst getan wird, wird die Rumpfmuskulatur aktiviert und der Druck auf die Bandscheiben verringert.
Ergo-Tipp: Falls Sie einen Bandscheibenvorfall hatten ist eine stärkere Sitzneigung zur Aufrichtung der Wirbelsäule empfehlenswert.

5. ARMLEHNEN

ZIEL: Das Gewicht der Arme wird vollständig an die Armlehnen abgegeben. Die Höhe der Armlehnen richtet sich nach der Länge Ihrer Oberarme. Beim Auflegen der Unterarme sollten die Schultern entspannt sein.
Gut zu wissen: Armlehnen werden oft nicht oder falsch genutzt. Nur gut einstellbare Armlehnen können Ihre Schulter-Nackenmuskeln entlasten. Armlehnen, die zu hoch eingestellt sind schieben die Schultern nach oben und verkrampfen die Schulter-Nackenmuskulatur.
Ergo-Tipp: Falls Sie klein und schmal gebaut sind, achten Sie auf Multifunktions-armlehnen, die nah genug an den Körper einstellbar sind. Die Schultergürtelbreite bestimmt das Maß.

6. GEGENDRUCK DER RÜCKENLEHNE

ZIEL: Sie bleiben in Balance und Bewegung. Sie wechseln Ihre Haltung auf dem Stuhl möglichst oft. Nutzen Sie die „Schaukelfunktion“ des Stuhles. Stellen Sie dafür den Gegendruck der Rückenlehne individuell auf Ihr Körpergewicht und Ihre Proportionen ein. Man nennt das „dynamisches Sitzen“.
Gut zu wissen: Ist die Mechanik zu leicht eingestellt haben Sie das Gefühl nach hinten zu fallen, was sehr schnell zum Abschalten der Mechanik führt. Dadurch verlieren Sie einen wichtigen Bewegungsfaktor. Ist die Mechanik zu fest eingestellt ist zu viel Muskelkraft erforderlich um die Sitzpositionen zu wechseln.
Ergo-Tipp: Bedienungsanleitungen werden in der Regel nicht gelesen. Schauen Sie im Internet nach Bedienungsanleitung-Video oder buchen Sie eine individuelle Ergonomieberatung. Ergonomisches Sitzen ist keine Zauberei!